Hybride Arbeitsweise: Unternehmen können auch von der Flexibilität eines Coworking Spaces profitieren. Was braucht es dazu und was bedeutet es für das Facility Management? Luca Drago ist General Service Manager bei Sodexo Schweiz und betreut den Microsoft Account. Im Interview erzählt er von seinen Erfahrungen.
Luca ist zuständig für alle Büroräumlichkeiten des internationalen Hard- und Softwareentwicklers und Technologieunternehmens Microsoft im Bereich Real Estate and Facilities in der Schweiz und somit verantwortlich für das Wohlbefinden der Microsoft Mitarbeitenden vor Ort. Das bedeutet, dass sein Team und er das gesamte «Hospitality Management» betreuen. Genauer sind das die Bereiche Rezeption, Eventkoordination, die Haustechnik, die Hausreinigung sowie das Projektmanagement, wenn Renovationen, Neu- oder Umbauten gemacht werden.
Microsoft hat seit Jahren Team Offices und Open Space Arbeitsplätze für ihre Mitarbeitenden im zentroom. Was ist dabei deine Aufgabe?
Die Strategie von Microsoft sieht vor, dass Büros zusammen mit Partnern wie uns betrieben werden. Sodexo ist dabei der Partner für Büros in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Es gibt aber auch Standorte, an denen Microsoft flexibler oder kleiner sein möchte und so ihren Mitarbeitenden ermöglicht, Büroräumlichkeiten zu nutzen, die keine offiziellen/exklusiven Microsoft Büros sind. Hier pflege ich den Kontakt mit den Verantwortlichen vor Ort – in dem Fall mit euch – um die Qualitätsansprüche sicherzustellen, die Microsoft auch in ihren eigenen Büros hat.
Unser Coworking Space ist Teil des hybriden Arbeitsmodells von Microsoft. Kannst du dieses kurz beschreiben?
Hybrid bedeutet, dass die Mitarbeitenden selbst entscheiden, wann sie ins Büro gehen, wann sie zu Hause bleiben, wann sie beim Kunden arbeiten oder wann sie in einem Shared Office Space oder einem Café arbeiten.
Microsoft hat seinen Teams die Freiheit überlassen, Vereinbarungen zu treffen, um den für sie besten Ort und Zeit für ihre Arbeit zu definieren. Wir als Bewirtschafter sorgen dafür, dass unsere Dienstleistungen auf dieses flexible Modell abgestimmt sind.
Welche Rolle spielen dabei Coworking Spaces?
Im Fall zentroom ist es ein zusätzlicher Bürostandort für die Mitarbeitenden. Es soll jenen, die im Raum Bern wohnen oder dort Termine haben, zusätzliche Flexibilität geben, damit sie in Ruhe arbeiten, sich untereinander und mit Partnern oder Kunden treffen und austauschen können. Der Standort ist dabei strategisch wichtig, da er sich im politischen Zentrum der Schweiz befindet.
Ist das Teil eines Trends oder schon länger gang und gäbe?
Microsoft arbeitet schon länger international mit Coworking Spaces zusammen. Das hat nicht erst mit der Pandemie begonnen. Zum Beispiel war es während der Umbauarbeiten des Standorts in Zürich eine gute Alternative, den Mitarbeitenden in einem Coworking Space ein temporäres Büro zur Verfügung zu stellen. Wir hatten so die Flexibilität, kurzfristig, aber auch langfristig schnell zusätzlichen Bedarf abzudecken.
Generell ist diese Entwicklung bei Kunden von Sodexo unterschiedlich. Ich weiss aber von vielen, dass sie immer mehr die Flexibilität von Shared Offices in Anspruch nehmen und Ihren Mitarbeitenden oft eine Mischung zwischen eigenem Büro und Coworking Space bieten.
Warum sollte ein Unternehmen einen Coworking Space als Standort in Betracht ziehen?
Es kommt auf die Unternehmensstrategie an. Es gibt bestimmt Unternehmen, für die Coworking nicht in Frage kommt, da sie ganz bestimmte Technologien vor Ort haben müssen oder produzierende Betriebe sind. Wenn das Unternehmen Wert auf eine eigene Kultur und Identität legt, macht ein eigenes Büro Sinn. Aber es gibt ganz viele Unternehmen, da brauchen die Mitarbeitenden einfach eine gute Infrastruktur und eine angenehme Arbeitsatmosphäre, wo sie sich wohl fühlen und die sicher ist. Natürlich muss sich aber auch hier ein Coworking Space mit der Unternehmenskultur auseinandersetzen und Lösungen und Dienstleistungen anbieten, die benötigt werden. In vielen Fällen ist es aber ideal, denn solche Spaces sind sehr flexibel und bieten auch kurzfristig zusätzliche Bürofläche an. So kommt man ohne lange Suche oder langfristige Verträge zu mehr Platz. Da generell nicht renoviert, umgebaut oder eingerichtet werden muss, sind Coworking Spaces oft viel schneller darin, ein fertiges Büro zur Verfügung zu stellen.
Du nennst Schnelligkeit und Flexibilität als Vorteile. Siehst du aus deiner Erfahrung sonst noch Chancen, die einen Coworking Space für ein Unternehmen mit sich bringt?
Ich weiss von den Microsoft Mitarbeitenden, die schon seit Jahren bei euch sind und den persönlichen Kontakt zu euch haben, dass für sie der Standort ein Zuhause ist. Sie können dort nicht nur Kollegen und Kolleginnen treffen, sondern auch Partner und andere Coworker. Dies ermöglicht einen persönlichen und geschäftlichen Austausch, was gerade zur Förderung der Kreativität sehr hilfreich ist.
Die Mitarbeitenden bekommen also ein lebendiges und inspirierendes Umfeld und nicht nur einfach ein Büro?
Absolut. Einerseits ist eine gewisse Infrastruktur vorhanden; der Desk, der Bildschirm, die Kaffeebar und so weiter. Anderseits sind die persönlichen Verbindungen, das Umfeld und das Netzwerk auch Teil des Coworking Spaces.
Ein Coworking Space nimmt dem Facility Manager also nicht nur die technischen Aufgaben ab, sondern kümmert sich auch noch zu einem gewissen Grad um die Mitarbeitenden?
Bei euch spezifisch ist das so. Wir haben selbstverständlich einen Vertrag mit euch, sind im regelmässigen Austausch und lernen voneinander. Aber im Grunde genommen nehmt ihr uns die gesamte Arbeit ab. Übrig bleibt meist nur noch ein wenig Administration.
Gibt es bei so einer Zusammenarbeit auch Herausforderungen?
Aus persönlicher Sicht muss ich sagen: Nein, bei euch nicht. Aber ich weiss von Kollegen und Kolleginnen, dass es nicht immer so läuft. Wenn man als Firma in einem Coworking Space ist, hat man weniger Kontrolle und man muss sich zu einem gewissen Grad an die Gegebenheiten vor Ort anpassen. Das Büro kann man vielleicht nicht ganz so einrichten, wie wenn es das eigene wäre. Hier kommt es auf die Flexibilität und Strategie des Coworking Spaces an. Generell können da gerade kleinere Anbieter mehr auf Kundenwünsche eingehen als grössere.
Du sprichst das Thema Kontrolle an. Wie kannst du für Microsoft ihre Qualitätsstandards sowie die Sicherheit für das Unternehmen und ihre Mitarbeitenden garantieren?
Bevor ein Standort für ein Büro in Betracht gezogen wird, prüft Microsoft die Gegebenheiten vor Ort. Ein Team untersucht, wie der mögliche Standort erreichbar ist, ob es Parkplätze gibt, die Umgebung sicher ist, in welchem Zustand sich das Gebäude befindet, ob der Standort nachhaltig gestaltet ist, welche Materialien verwendet werden, ob recycelt wird und so weiter. Es gibt ganz viele Standards bei Microsoft, die ein Standort erfüllen muss. Das ist das eine; man schaut im Vorfeld, ob der Coworking Space zu Microsoft passt. Das andere ist, dass man sich regelmässig vor Ort ein Bild macht und auch den Austausch mit seinen Mitarbeitenden pflegt. So stellen wir sicher, dass alles, was sie benötigen, um gute Arbeit zu leisten, vor Ort vorhanden ist.
Dann gibt es also kaum einen Unterschied, ob du dich nun über das Wohlbefinden und die Bedürfnisse deiner Mitarbeitenden in deinem eigenen Büro oder in einem Coworking Space erkundigst?
Absolut, das gilt für jeden Standort. Egal ob es ein eigener Standort oder einer in einem Coworking Space ist; wir versuchen überall qualitativ hochwertige Standorte zur Verfügung zu stellen und die Mitarbeitenden können uns jederzeit Feedback geben.
Wenn ich als Unternehmen bereits Homeoffice anbiete, warum soll ich dann noch zusätzlich einen Coworking Space in Betracht ziehen?
Das eine schliesst das andere meiner Meinung nach nicht aus. Wie schon erwähnt, ist es Microsoft wichtig, dass ihre Mitarbeitenden den richtigen Arbeitsplatz für ihre Arbeit haben. Das beinhaltet auch, dass sie zu Hause entsprechend mit Möbeln, Audio und Video ausgestattet sind. Aber Homeoffice ist nicht für alle die richtige Lösung. Dies kann technische oder persönliche Gründe haben. Und manchmal braucht es auch einfach einen Platz, um sich zu treffen. Da sind Coworking Spaces eine ideale Ergänzung.
Wie du gesagt hast, müssen die Coworking Spaces gewisse Qualitäts- und Sicherheitsstandards erfüllen. Gibt es sonst noch etwas, was ein Coworking Space einem Unternehmen wie Microsoft bieten muss?
Gerade in der heutigen Zeit gilt für Coworking Spaces wie für selbstbetriebene Büros, dass sich die Mitarbeitenden darin einfach wohlfühlen müssen. Die Standorte müssen attraktiv sein und da gehört nicht nur ein Stuhl und höhenverstellbare Tisch dazu. Es braucht zum Beispiel ein attraktives Verpflegungsangebot und Gemeinschaftsbereiche, wo sich die Mitarbeitenden für einen Kaffee treffen können, der kollegiale Austausch gefördert wird und auch Events stattfinden.
Ist sowas nicht schwierig, im Vorfeld festzustellen? Ein Coworking Space lebt sehr von seinen Coworkern und wie sich die mit den eigenen Mitarbeitenden verstehen, weiss man erst, wenn man es ausprobiert hat. Richtig?
Das sehe ich genauso. Am Anfang kann ich mir als Real Estate und Facility Manager ein Bild machen, die Ausstattung und die Infrastruktur begutachten und die Betreiber kennenlernen. Kann ich mir dann 100 Prozent sicher sein, dass es passt? Nein! Ich kann mich auf mein Gefühl, Eindruck und Erfahrung verlassen, aber am Schluss muss man auch einfach ausprobieren. Wenn dann etwas nicht stimmt, kann man immer noch gemeinsam anschauen, wie die Situation verbessert werden kann.
Du suchst also einen kollaborativen Umgang mit den Betreibern des Coworking Space?
Ja, der Austausch, die Besuche und das gegenseitige Verständnis sind zentral. Es ist aber auch für einen Coworking Space wichtig, dass er sich überlegt, welche Firmen zueinander passen. Ich sehe sie in der Pflicht, das Gesamtbild zu betrachten und nicht einfach Firmen wild zusammenzuwürfeln. Da braucht es auf jeden Fall etwas Fingerspitzengefühl.
Wäre es ein Problem, Mitbewerber im gleichen Space zu haben?
Es kommt immer darauf an, woran unsere Mitarbeitenden arbeiten und welche Themen sie behandeln. Diese haben jedoch ein Bewusstsein dafür, dass sie mit gewissen Informationen, Themen und Gesprächen anders umgehen müssen, wenn sie sich in einem Coworking Space befinden, als wenn sie in einem exklusiven Microsoft Büro oder einem exklusiven Microsoft Team Office bei euch sind.
Es macht aber keinen Unterschied, ob sie in einem Coworking Space, einem Café oder am Strand auf den Bahamas sind, denn sie sind ausserhalb des Microsoft Safe-Spaces. Dann geht es hauptsächlich um die Sensibilisierung der Mitarbeitenden.
Absolut; und da haben die Mitarbeitenden auch ständig Trainings, um, wie du sagst, sie zu sensibilisieren. Deswegen sehe ich in der heutigen Zeit kein Problem damit, einen Ort mit Mitbewerbern zu teilen. Es kommt aber natürlich dabei trotzdem darauf an, was für Mitarbeitende es sind und welche Aufgaben sie haben.
Hast du zum Abschluss noch irgendwelche Inputs oder Tipps aus deiner Erfahrung für Unternehmen, die Coworking ausprobieren wollen?
Unternehmen, die Coworking in Betracht ziehen, sollten sich bewusst sein, dass sich Coworking relativ einfach ausprobieren lässt. Es braucht keine lange Vorlaufzeit. Gerade wenn man schnell wächst oder einfach einen zusätzlichen Standort braucht. Coworking auszuprobieren und ein Gefühl dafür zu bekommen, geht schnell und schadet nicht. Wenn es nicht funktioniert, kann man gemeinsam etwas ändern oder man überlegt es sich anders. Generell sollte man für Coworking offen sein, denn ich denke, in Zukunft müssen alle Unternehmen eine hybride Arbeitsweise in Betracht ziehen. Coworking ist hier sicher ein spannender Bestandteil.